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Breite:
44° 50.5' N
Länge:
13° 50.5' O
Ort:
Veruda Marina, Pula, Kroatien
Datum/Uhrzeit:
13.08.2019
12:15 UTC+2
Wettermeldung:
vom
13.08.2019 11:45 UTC+2
31 °C
Schwache Brise aus Nordwest

Logbucheinträge zu Nordwestmonsun

09.01.2019 - 1°37 S, 109°40 O, Südchinesisches Meer

Gegen den Nordwestmonsun Richtung Singapur

Palmöl statt Wald

Die Palmöl Problematik hat mich nicht mehr losgelassen. Und je mehr ich mich damit beschäftige, desto mehr wird mir bewusst, wie weit das Problem reicht. Schaut Euch mal auf Google Earth Borneo von oben an! Wenn ihr ein bisschen näher ran zoomt, werdet ihr die rechteckigen Muster in unterschiedlichen grünen und brauen Tönen sehen. Das sind die Plantagen der Ölpalmen- und sie sind einfach überall. Selbst in Kumai nördlich des Sekonyer Flusses erstrecken sie sich über viele Kilometer, so dass die Orang-Utans dort nichts mehr zu fressen finden und über den Fluss in den Nationalpark gerettet werden müssen. Sie selbst schwimmen nicht. Kein Wunder, dass sich ihre Population stark verkleinert hat. Aber darüber schweigen in Kumai die Guides und auch vom Palmöl wollen sie nichts wissen. Es ist einfach neben dem Tourismus eine der wenigen Einnahmequellen der Menschen auf Borneo. Deshalb roden sie den Regenwald, verkaufen das Holz und bauen Ölpalmen an. Sie sind trotzdem arm und brauchen die Einnahmen. Natürlich sind die Orang-utans nicht die einzigen Leidtragenden der Regenwald Rodung. In Borneo gibt es viele Arten wie zum Beispiel den Nasenaffen, das vom Aussterben bedrohte Sumatra Nashorn, die Borneo Zwergelefanten und den Großteil der 15000 Pflanzenarten, die nur hier endemisch, also zu Hause sind und natürlich verlieren auch sie alle ihren Lebensraum. Von der verschmutzten Luft, die hier in Indonesien die traumhaft schönen Sonnenuntergänge macht, muss ich vermutlich gar nicht erst angefangen. Die Abholzung hier ist nicht vernachlässigbar, Borneo ist die drittgrößte Insel der Erde, hat die doppelte Größe von Deutschland und ist nach dem Amazonasbecken und dem Kongobecken das drittgrößte Gebiet mit Tiefland Regenwald und somit eine der Lungen unseres Planeten.

Ich kann nur jedem empfehlen einmal her zu kommen und sich den Regenwald und die Orang-utans anzuschauen. So ein Besuch ist nicht nur ein besonderes Erlebnis, sondern hilft auch dem Regenwald und den Orang-utans direkt, denn durch das Geld das wir bringen muss weniger Geld im Öl-Business verdient werden. Der Tanjung Puting Nationalpark ist auch noch einfach zu erkunden, denn Kumai hat einen kleinen Flughafen auf dem Flugzeuge von Bali, einer der Lieblingsinseln von uns Deutschen, landen. Majid und Co. holen die Flugzeug Touristen direkt von dort ab und bringen sie nach dem Dschungelabenteuer auch wieder dort hin, so dass man überhaupt keinen extra Organisationsaufwand hat.

Bevor wir aus Kumai starteten machten wir Moyas Tank wieder voll. In die Kanister kam ausschließlich teurer Diesel ohne “Bioanteil”, nicht das schwarze günstigere Biogemisch mit Palmöl. Auch sonst überlegen wir, wie wir die Palmöl Industrie am besten boykottieren können. Aber diese Aufgabe ist alles andere als einfach und erfordert nicht nur große Opfer, sondern ist in manchen Regionen wie Indonesien vermutlich nicht praktikabel. Man findet kaum Produkte ohne Palmöl alias Speiseöl. Neben den offensichtlichen Kandidaten wie Biodiesel, Schokolade, Cracker, Kekse, Nutella und Chips kann es sogar als Natrium Lauryl Sulfat in Zahnpasta, Shampoo und Cremes vorkommen. Schaut mal auf Eure Kekspackungen, wir fanden keine, die nicht Palmöl beinhaltete. Ein absolutes Boykott werden wir wohl nicht schaffen, aber das Bewusstsein ist definitiv da.

Entlang der Küste Borneos

Der Nordostpassat der Nordhalbkugel wird südlich des Äquators durch die Corioliskraft nach links abgelenkt und wird zum Nordwestmonsun. Deshalb kommt er nur nahe des Äquators auf der Südhalbkugel vor. Hier in Indonesien weht er im europäischen Winter, von November bis März, während der Wind im Sommer aus der entgegen gesetzten Richtung weht. Einige Segler verwenden ihn, um von Thailand und Malaysia nach Australien oder Neuseeland zu segeln, der Großteil segelt aber im Sommer Richtung Norden. Wir sind nun im Winter Richtung Norden, also entgegen der Windrichtung, unterwegs und müssen deshalb kreativ werden. Die meisten von Seglern beschriebenen Ankerbuchten sind nichts für uns, da sie gegen südöstliche Winde geschützt sind. Wir betreten mal wieder Neuland.

Entlang der Inselkette von Nusa-Tenggara verfolgten wir die Strategie uns in Tagesetappen von Bucht zu Bucht zu hangeln, immer gerade dann, wenn der Nordwest gerade eine Pause macht. Zum Glück weht er weniger konstant als sein südöstlicher Bruder. Für die Passage Bali Borneo wollten wir mit halben Wind segeln und haben uns, um einen besseren Windwinkel zu erzielen, hinter der Insel Madura versteckt. Im Prinzip war das die richtige Strategie, trotzdem hat es dann nicht ganz gereicht in Kumai heraus zu kommen, da der Wind anstatt wie vorhergesagt aus West aus Nordwest blies und die starke Strömung uns nach Osten versetzte. Von Kumai aus segeln die meisten Cruiser erst nach Westen und dann nach Norden, um sich die Inseln Belitung, Bangka und die Lingga Inseln anzuschauen. Diese Route würde für uns 600 Meilen Gegenwind bedeuten, deshalb entschieden wir, uns an der weitgehend unbewohnten Küste Borneos nach Norden zu hangeln. Direkt an der Küste reduziert sich die nach Süden gerichtete Strömung und die sonst nördlichen Winde drehen nach Westen. Neben den vor der Küste vor Anker liegenden Frachtschiffen, die mit Holz und Ölfrüchten beladen werden, und den vielen Fischern gibt es hier nur Wildnis. Das Wasser ist braun gefärbt durch Borneos Flüsse, die in den Ozean münden. Die vielen kleinen Inseln sind grün, bewaldet mit unberührtem Regenwald.

Wir arbeiten uns seit Dienstag langsam an der Küste entlang, Henry muss zwar relativ oft ran, manchmal reicht es aber auch zum Segeln. Tatsächlich hatten wir heute sogar Unterstützung von einem Squall, der seitlich an uns vorbei zog und guten Segelwind brachte. An der südwestlichen Ecke Borneos brachte uns unsere Umarmung mit der Küste sogar Strömungseffekte, die die südliche Strömung umkehrten, und uns so mit Extraschub versorgten. Bisher scheint unsere unkonventionelle Route ein guter Weg zu sein, Richtung Norden voran zukommen.

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03.01.2019 - 3°51,8' S / 112°33,2' O, Java Meer, Indischer Ozean

2018 endet glamourös, 2019 startet heftig

Fotoshooting wie mit Rock Stars auf Bawean

Trotz des starken Winds in der Ankerbucht und der an ihrer Kette rüttelnden Moya wollten wir unsere Beine zum Jahresende noch einmal in Schwung bringen. Die Jungs brauchten Auslauf und den Capitano packte die Entdeckungslust. Bei Sonnenuntergang balancierten wir in einer Regenpause ins Dingi und waren im Nu mit Rückenwind über die Wellen bis an den Anleger des Dorfes gesurft. Ein Fischer war auch noch dabei sein Boot zu vertäuen. Er sprach kein Englisch, was ihn aber nicht davon abhielt uns beim Anlegen zu helfen, uns danach den besten Ort zu zeigen, wo Tilly nicht von Wind und Wellen unter den Holzsteg gedrückt wurde, und uns dann seinen Roller anzubieten, um ins Dorf zu fahren. Joshua kriegen keine 10 Pferde auf ein Moped und wir wollten ja ohnehin laufen, also ging es per Pedes aus dem Hafengelände. Wir kamen nicht weit, schon nach wenigen Meter, kamen die ersten bekopftuchten Frauen, die gerne ein Selfi mit den Jungs wollten. Bawean ist eine muslimische Insel und offensichtlich wenig touristisch, obwohl die bergig, grüne Insel mit den vorgelagerten Riffen bei besserem Wetter bestimmt wunderschön ist. So waren wir hier die absolute Attraktion.

Fast jeder begrüßte uns mit dickem Grinsen und „Hello Mista“. Immer wieder kamen Roller mit neugierigen Fahrern vorbei, die grade eben schon einmal an uns vorbei getuckert waren. Wir kamen an einer Sylvester Party vorbei, wurden mit einer Mischung aus Englisch und Bahasa Indoneasia begrüßt und nach den obligatorischen Selfies auch gleich eingeladen mit zu feiern. Verlockend, aber wir hatten Hunger und setzten unsere Suche nach etwas Essbarem fort. Auch Indra, ein hübsches 16 jähriges Mädchen, sprach uns an. Englisch ist ihr Lieblingsfach in der Schule und man sah ihr die Aufregung richtig an mit der sie sich mit uns unterhielt und uns später ihr Zuhause und ihre Familie vorstellte. Dann trafen wir Lena, die gerade mit dem Roller unterwegs war. Sie hielt an, fragte, ob wir Hilfe brauchten und ließ dann einfach ihr Gefährt stehen, um uns zum Dorfplatz mit den Essensständen zu begleiten. Lena ist auf Bawean Englischlehrerin, während ihr Mann und ihre drei Kinder auf Java leben. Sie waren gerade zu Besuch und natürlich kamen sie wenig später dazu, um uns Touris zu sehen. Lena organisierte unser Essen, Baskso, gebratener Reis, frittiertes Hähnchen, Eistee und gefüllte Pfannkuchen. Unser Sylvesterdinner kostet umgerechnet unglaubliche 4 Euros. Ich war skeptisch wie unsere Mägen das Essen wohl verkraften würden, aber meine Zweifel waren unbegründet.

Während wir auf den schmalen Holzbänken saßen und aßen, kamen immer wieder neue Menschen, die sich gerne mit uns fotografieren lassen wollten. Manchmal fragten sie, manchmal stellten sie sich einfach dazu und drückten ab. Es muss hunderte von Fotos von diesem Abend auf Handys von unbekannten Menschen von uns geben. Scary! Und warum? Am Ende kam sogar noch der Polizeichef der Insel und begrüßte uns.

Spätestens seit Venezuela bin ich in fast jedem Land aufs Neue tief beeindruckt von der Herzlichkeit und Offenheit der Menschen, auf die wir vor allem abseits der touristischen Zentren trafen, wo die Dollarzeichen noch nicht in den Augen der Leute leuchten. Und jedes Mal frage ich mich wieder warum das Klischee der genauen, gewissenhaften aber auch ernsten, grimmigen und steifen Deutschen halt doch oft ein bißchen stimmt. Wo wird einem denn schon in Zentraleuropa ernsthaftig auf der Straße von Unbekannten Hilfe angeboten, ganz zu Schweigen von einer Einladung zur Neujahrsfeier? Zumindest ich bekam auch schon irritierte Gesichter als Antwort auf ein Lächeln auf der Straße in europäischen Städten. Das ist zum einem wirklich schade, zum anderen schätzen wir aber unsere Erfahrungen dadurch umso mehr.

Der Wind trieb uns zurück an Bord. Gegen den Wind und die Wellen durch die Bucht wurde mit Tilly zum nassen Abenteuer. Obwohl es nicht regnete, waren wir alle bis auf die Unterhose durchnässt als wir wieder an Bord standen. Dann warteten wir auf das neue Jahr, klassisch mit Spielen und Dinner for One. Ein kleines Feuerwerk gab es dann auch, abgeschossen vom über Bord hängenden Besenstiel. Zum Glück hatten wir auch eine Wunderkerze, denn der Wind fegte jede andere Flamme sofort aus.

Bali - Borneo: eine unserer härtesten Passagen

Andere Segler beschreiben diesen Teil ihrer Reise oft mit Leichtwindsegeln und Motorsegel wegen Flaute. Bei uns war das ein klein wenig anders. Anstatt im Sommer mit leichten südöstlichen Winden zu segeln, kämpften wir direkt gegen den Nordwestmonsun, die Wellen und die Strömung. Die entgegen rauschende See war teilweise beträchtlich, so hoch, dass ich auf der Luvseite stehend nicht mehr über die Wellenkämme schauen konnte. Es war nach Kolumbien unsere höchste See, nur dieses Mal von schräg vorne, anstatt von achtern, was das vorankommen schlichtweg ungemütlich machte. Selbst mit unserer starken Maschine kommt man unter diesen Bedingungen nur noch sehr langsam voran - wir versuchten es in den Windpausen zwischen den Gewitterzellen immer wieder. Um vorwärts zu kommen, mussten die Segel raus und der Sturm abgewettert werden.

Die Squalls und Gewitterzellen hier sind so stark wie wir sie bisher noch nirgends erlebt hatten. Aus dem Nichts entstand gestern Nacht eine Monsterzelle mit 15 bis 20 Meilen Durchmesser und über 50 Knoten Wind - fast Orkanstärke! Im Anfangsstadium gingen wir ins dritte Reff und waren einmal mehr froh über die Stärke unseres Riggs und Moya, die anstatt zu stampfen, großteils elegant über die Brecher glitt. Mit über 7 Knoten fegte sie trotz der Wellen Richtung Norden. Natürlich war im Schiff nichts mehr da wo es hin gehörte, alles was nicht niet- und nagelfest war purzelte herum. Bei über 30° Lage fliegen dann auch schon mal die Becher aus den sonst sicheren Halterungen. Auch gestern jagten die Squalls einander. Meist schrammten wir am Rande vorbei. Manchmal mussten wir durch, was von beiden eintraf, wussten wir immer erst hinterher, da die Wolken sich in minutenschnelle bilden und verändern. Die Segel blieben in den Pausen sicherheitshalber gerefft, auch wenn wir dann langsamer voran kamen.

Bei diesen Bedingungen konnten wir trotzdem nicht mehr mit kochendem Wasser hantieren, deshalb gab es Hefezopf und frisches Brot, die ich noch vor der Abfahrt gebacken hatte. Abgespült habe ich nachts um 3 Uhr, weil ich ohnehin wach war und weil es gerade eben ging nach dem letzten Squall. Die Kinder sind natürlich alles andere als begeistert, weil Spielen nur sehr eingeschränkt möglich ist, und seit einen Salzwasserspritzer durchs offene Fenster auch noch unser Radio die Biege gemacht hat und nun selbst Hörbücher out sind. Da muss dann auch mal das iPad helfen, aber das geht eben auch nicht den ganzen Tag. Alle freuen sich also aufs Ankommen.

Heute nacht nutzen wir die Winddrehung nach Norden, um ein bißchen westwärts zu segeln. Wir hatten bei dem NW Wind das NNW gelegene Kumai nicht anhalten können und müssen jetzt zusätzliche 100 Meilen westwärts segeln. Das ging ganz gut, bis zu dem nächsten heftigen Squall, der die Winde wieder komplett durcheinander brachte und uns auf der Stelle hin und her zu fahren ließ, ohne eine Meile voranzukommen. Im Morgengrauen kamen wir heute an der Küste Borneos an. Momentan herrscht im Schutz der Insel weitgehende Ruhe (vermutlich die vor dem Sturm), so dass Henry gerade arbeitet. Bis Morgen früh sollten wir es trotzdem bis in den Kumai Fluss, unserem Ziel, geschafft haben.

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