In die Nacht
Guernsey ist die zweit größte der Kanalinseln nach Jersey. 65 000 Menschen leben hier hauptsächlich vom Tourismus und der Finanzwirtschaft, für die es hier sehr gute Konditionen gibt. Die Kanalinseln gehören weder zu UK noch zu EU, deshalb ist wohl die Regulierungswut für die Finanzmärkte hier wohl nicht ganz so groß. Die Währung hier ist zwar an das britische Pfund angelehnt, dennoch haben die Kanalis eigene Geldscheine und Briefmarken. Saint Peter Port heißt die Hauptstadt von Guernsey, hier sind wir heute Nacht angekommen und haben im Vorhafen gewartet bis genug Wasser über der Barre stand, damit Moya in den eigentlichen Hafen einlaufen konnte. Wegen der großen Tide hier sind die Marinas hier ausgebaggerte Pools. Die Barre verhindert bei Niedrigwasser, dass das Wasser nicht herausläuft. Will man die Marina verlassen oder anlaufen, muss so lange gewartet werden bis so viel Wasser über der Barre steht bis das Schiff darüber hinweg fahren kann. Das bedeutet also knapp vor oder knapp nach Hochwasser, bei Schiffen mit großem Tiefgang - so wie wir ihn haben. Die Strömunsverhältnisse gaben außerdem das Zeitfenster für unsere Überfahrt hierher vor. Frühestens eine Stunde vor Hochwasser Dover um 19:22 Uhr wollten wir starten, damit uns nicht ca. 5 Knoten Strom entgegen kommen. Die Kinder sind bereits kurz nach dem Auslaufen in Alderney in ihre Kojen gefallen. Joshua hatte heute, wie mittlerweile ca. jeden 2ten Tag, seinen Mittagsschlaf ausfallen lassen, so dass er am Abend sehr müde war. Auch Jonathan wurde rasch in den Schlaf geschaukelt. Christian und ich haben uns darüber gefreut, für uns bedeutete das entspanntes in-die-Nacht segeln mit ein bißchen Zeit zum Quatschen. Außerdem gab es nördlich von Alderney noch die letzten Nachwehen des Tiefs, so dass zusammen mit der Strömung sehr kurze steile Wellen entstanden und wir doppelt froh waren die Kinder im Bett zu wissen. Nach einem zwar windigen, aber sehr schönen Tag mit viel Sonne und ein bißchen Strand, wollten wir warten bis der Wellengang nachgelassen hat und mit der Abendströmung eigentlich nach Sark, die Nachbarinsel von Guernsey, auslaufen. Da es auf Sark aber nur Ankerplätze und Moorings gibt, ohne einen befestigten Hafen, und vom deutschen Wetterdienst bereits das nächste große Tief mit Starkwind und Welle angekündigt war, änderten wir unsere Pläne. Wir haben zwar mittlerweile schon 2 Nachtfahrten auf unserer Reise hinter uns, dennoch ist das Einlaufen bei Nacht schon etwas Besonderes. Zu Beginn steht man verwirrt vor den vielen Lämpchen der Leuchtfeuer und der Stadt, von allen Seiten Blitzt und blinkt es in rot, grün und weiss. Nach und nach haben wir dann die Peilfeuer für die Hafenanfahrt identifiziert. Nur die Entfernungen bei Nacht sind unglaublich schwierig einzuschätzen, so dass man nur an Hand Radar oder AIS sagen kann ob das kreuzende Segelboot 2 Seemeilen oder nur 300 Meter von einem entfernt ist. Einmal in der Anfahrt, ist es dann ganz einfach, zuletzt passiert man das rote und grüne Licht der Hafeneinfahrt und steht im Hafenbecken. Wir legten im bereits sehr vollen Wartebereicht des Hafens an. Es wollten offensichtlich noch andere Schiffe hier in Saint Peter Port den aufziehenden Sturm aussitzen. Was man auch daran erkannte, dass der nette Hafenarbeiter, der uns mitteilte wann wir in die Marina einlaufen können, auf unsere Nachfrage, ob wir mit dem Einlaufen nicht erst warten müssen bis die Boote ausgelaufen waren, meinte: "Usually yes, but I don´t assume that anybody is leaving tonight". Um 2 Uhr heute Nacht waren wir dann endlich fest, sind totmüde in die Kojen gefallen und sind jetzt gespannt was da kommt.